Samstag, 21. April 2012

Leitern haben eben ihre ganz eigene Anziehungskraft. Des Menschen Drang, so ein Ding zu benützen, scheint angeboren – wie sonst liesse sich erklären, dass Kinder, sobald sie des aufrechten Gangs gewahr werden, jegliche Art von Leiter auszuprobieren versuchen? Dieser innere Drang scheint auch in reiferem Alter ungebrochen, was sich in der Schar wanderlustiger Teilnehmer an der ersten Grenztour des Jahres 2012 manifestierte.

img_2490Die ersten einleitenden Hinweise von Daniel Marugg zum Naturreservat des Fläscher Auenwaldes erfolgten im doppelten Sinne noch aus der Forschperspektive, eines Teils des in den letzten Jahren beobachteten Rückgangs der Amphibienwanderungen wegen, andererseits aufgrund unserer Startposition beim alten Bad Fläsch, wo mit dem Kopf im Nacken sich unser Blick erhob zu den hoch über uns in den Himmel ragenden Felswänden. Elly Süsstrunk zog alsbald munter voran, wir 15 Mitwanderer ihr nach, die gemächlich ansteigende Forststrasse durch den Neuwald empor, froh um ein bisschen Bewegung, damit der morgendlichen Frische etwas innere Wärme entgegengesetzt werden konnte. An aussichtsreichen Stellen, gestärkt von Strahlen der überraschendweise uns beglückenden Frühlingssonne, wusste der Eine und Andere manch Interessantes zu erzählen von Begebenheiten dies- und jenseits des Rheins. Je höher wir stiegen, desto mehr weitete sich unser Blick über die Rheinebene und die Gedanken schweiften im gleichen Masse weiter zurück in historische Zeiten.

Wie schwer sich doch manch einer im Zuge der Güterzusammenlegung tat, weit vom Dorf Fläsch entfernte, magere Alpwiesen aufzugeben, Alpwiesen, die zu mähen sich nur im Morgentau empfahl, da die Gräser sich sonst selbst für gutgeschliffene Sensen als zu zäh erwiesen. Heute wächst dort Wald, vereinzelt lassen sich die Reste der Heustadel erkennen, von welchen aus im Winter das Heu mit dem Schlitten zu Tale geholt wurde. Die letzten Meter vor der Felswand erklommen wir über einen gut präparierten Pfad, welcher zu einer alten Festungsbaute führte, einer durch Mauerwerk abgetrennten Felsnische. Dieser noch im 19. Jahrhundert erstellte Wehrbau soll noch im 2. Weltkrieg als Truppenunterkunft gedient haben. Wohl dem, der sich in dieser feuchtkalten Umgebung dennoch guter Gesundheit erfreuen konnte!

img_2486Wir schreiben das 21. Jahrhundert – und welch feine Überraschung erwartete uns im alten Festungsgemäuer: Forti Möhr, Markus und Jan Adank hiessen uns Wanderer mit einem feinen Glas Wein willkommen. Da der Wein im Hinblick auf die Leiterbesteigung im gleichen Masse der Stärkung des Mutes diente wie der Reduktion der Trittsicherheit, war es den Vorausschauenderenunter uns vergönnt, sich mit Mineralwasser oder Orangensaft zu laben. Mit frischer Kraft – oder eben mit neuem Mut – packten wir alsdann die kalten Eisensprossen, froh darüber, dass die Temperatur nicht mehr unter dem Gefrierpunkt lag. Fest verankerte Stahlseile trugen erheblich zur Beruhigung unserer Wandergruppe bei. Nach obligatem Eintrag im Leiterbuch und den letzten Metern Leiter empfing uns die liebliche Alp Lida. Bei Föhnsturm wäre es hier kaum so erquickend, doch an diesem Tag konnten wir die Aussicht ins Rheintal
geniessen und beim Anblick des schräg über die Felskante ragenden Hochspannungsmastens uns ein paar Gesetze der Physik in Erinnerung rufen. Moderne Landwirtschaft nimmt nicht Rücksicht auf liebliche Alpweiden: von unten im Tal herauf musste die Gülle transportiert worden sein, die sich dem ersten Grün der Gräser einem Teppich gleich entgegenstellte.

img_1945Es folgte nun ein vergnüglicher Abstieg ins Elltal – einem botanisch sehr interessanten Naturschutzgebiet – und durchs Mozentobel hinunter in den Auenwald. Bergsteiger in der Felswand liessen sich durch unser Rufen und Pfeifen nicht beirren und suchten weiter nach geeigneten Griffen, um sich zentimeterweise hochzuziehen. Wie praktisch doch Leitern sind! Gerne nahmen wir die Einladung von Elly an, uns im Anschluss an die Wanderung bei einer köstlichen Gerstensuppe und einem feinen Tropfen in ihrem Torkel zu stärken! Vielen Dank! Und wie wir so lachend und erzählend beisammen sassen, erinnerte sich Hans Mutzner eines Gedichts, in welchem die Legende zur Festsetzung des Grenzverlaufs zwischen „Fry Raetien“ und Balzers beim Katharinenbrunnen detailliert beschrieben worden war. Dieses Gedicht, eindrücklich vorgetragen durch Hans, setzte unserer Exkursion gleichsam das Krönchen auf!

Den Organisatoren sei an dieser Stelle herzlich gedankt für die abwechslungs- und lehrreiche Frühjahrserkundung!

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