Herrschaftliche Grenzen – Kultur und Natur vom Samstag 5. November 2011
An einem herrlichen Spätherbsttag mit fast sommerlichen Temperaturen fanden sich über 30 Interessierte beim Haupteingang der Raststätte Heidiland zu einer weiteren Grenzwanderung ein. Der älteste Bündner war allgegenwärtig. Der Föhn blies so stark, dass erste Ausführungen erst an einem windstillen Ort gemacht werden konnten.
Unter der Führung von Forti Möhr wanderte die Gruppe auf der Territorialgrenze zwischen Maienfeld und Fläsch in Richtung St. Luzisteig. Nur noch an wenigen Orten sind die Grenzsteine erhalten. Viele wurden durch Strassenbau und landwirtschaftliche Nutzung zerstört oder beseitigt. Die Grenzen können auf dem Abschnitt Heidiland – Fläscher Allmend aber relativ gut durch Strassen oder Windschutzstreifen ausgemacht werden.
Im Steigwald ist der Grenzverlauf durch das „Fläscher Mürli“ sehr klar sichtbar. Schade ist, dass diese Mauer immer mehr zerfällt. Anfangs Fläscher Mürli gab es einen Halt mit Zwischenverpflegung und weiteren geschichtlichen Informationen zur Territorialaufteilung zwischen Maienfeld und Fläsch. Daniel Marugg (alt Landammann) aus Fläsch berichtete von seinen Funden im Fläscher Archiv.
Beim „Katzastutz“ steht noch heute ein Grenzstein mit den Jahrzahlen 1602 und 1821. Er ist ein letzter Zeuge, der noch erhalten ist. An dieser Stelle wurde auch der Grenzverlauf im Gebiet Glegghorn–‐ Falknis–‐Gyr–‐Guscha erklärt. Auch hier wusste Daniel Marugg eine Episode aus früheren Zeiten zu erzählen. Als Mitte des letzten Jahrhunderts die Grenzgebiete festgelegt werden sollten, hatten die Fläscher die Eingabe ihrer Grenzansprüche verschlafen. Somit „markierte“ alt Stadtpräsident Hans Möhr das ganze Territorium im Gebiet Falknis als Maienfelder Boden. Später erkannten die Fläscher ihre Nachlässigkeit, machten beim Kanton Einspruch und bekamen dann „ihren“ Falknis zurück.
Auf der St. Luzisteig erzählte Forti Möhr einiges im Zusammenhang mit dem Steigkirchli. Die Hügel vor der Kirche waren nicht wie erwartet Grabhügel, sondern stellten sich als Kalköfen aus dem ersten Jahrhundert nach Christus heraus. Auch wurden an dieser Stelle alte Reliquien aus Römischer Zeit, wie zum Beispiel eine etwa 8cm grosse Neptunstatue aus Bronze, gefunden. Anhand von Münzen konnte das ungefähre Alter dieser Fundstücke bestimmt werden.
In der Kirche St. Luzisteig erwartete Pfarrer Dieter Matti die Gruppe. Herr Matti hat schon mehrere Bücher über Kunst in Kirchen und deren Bedeutung verfasst. Sehr eindrücklich und ausführlich beschrieb er die Wandbemalungen in der Kirche und deren Aufgabe. So wurden diese Fresken gemalt, um den Menschen, die nicht lesen konnten, Gegebenheiten darzustellen und Lehren mit auf den Weg zu geben. Auch die Architektur einer Kirche ist durch viele Hintergrundgedanken bestimmt. Jeder Teilnehmer wird von nun mit anderen Augen an die Wände der Steigkirche hochschauen.
Zum Abschluss trafen sich alle im Restaurant St. Luzisteig zu einer Gerstensuppe.
Maienfeld, 5. November 2011, Sina Gubler